Wunschtraum und Wirklichkeit

“Eigentlich habe ich alles, was ich brauche – zwei Sätze Wäsche zum Wechseln, an Unterwäsche sogar etwas mehr, wenn ich welche trage, meine Beine und ein klappriges Fahrrad zur Fortbewegung –”
“Ganz abgesehen von dem Auto, das ich dir manchmal leihe und immer mit leerem Tank zurückbekomme …”
“Unterbrich mich bitte nicht! … Zu Hause einen Hasen, der mir dann und wann die nackten Füße abschleckt –”
“Ein Kaninchen ist das, kein Hase.”
“Komm mir nicht mit solchen Nebensächlichkeiten! – Wo war ich? Jetzt hast du mich ganz aus dem Konzept gebracht.”
“Die Welt wird’s überleben.”
“Und ich wollte dir meine Philosophie auseinandersetzen – nahebringen – vielleicht hättest du ja was lernen können für dein ausschweifendes, zerstreutes, oberflächliches Leben zwischen Einkaufen, seichten Vergnügungen, Fressen und Saufen.”
“Sex hast du vergessen – viel heißen Sex!”
“Mit wem denn? – Auf jeden Fall nicht mit mir. Das sind jetzt – warte mal – sieben Wochen her. Oder noch länger. Seit deiner vorletzten Periode.”
“Der Mann kann tatsächlich Wochen zählen!”
Er lächelte ein bisschen eitel. Sie sah ihn mit zusammengezogenen Brauen an. Zum Küssen, dachte er, und setzte dazu an. Sie hielt ihn von sich.
“Jetzt hör mal zu: Entweder wir ziehen in Bälde zusammen, du vergisst die Selbsttäuschungen deiner sogenannten Philosophie und die Beschränkung auf zwei Anzüge und den Hasen –”
“Das Kaninchen – hast du selbst gesagt!”
“Unterbrich mich nicht! Entweder das zuvor Gesagte oder gar nichts: du siehst mich nur noch einmal – jetzt gleich und von hinten, weil ich aus deinem Leben verschwinde.”
“Dann nehme ich das ODER,” sagte er, “und etwas mehr Sex. Gern auch von hinten.”
“Ich amüsiere dich anscheinend großartig!” rief sie empört.
Er zog sie heran und küsste sie – und ließ sich diesmal nicht abweisen.

Stunden später im Bett …

“Was machst du denn da für Verrenkungen?”
“Ich angle mir meine Hose.”
“Sag bloß, du brauchst jetzt die Zigarette danach.”
“Nein.”

Endlich fischte er das Gesuchte aus der Gesäßtasche und hielt es ihr unter die Nase.

“Ein Schlüssel?”
“Du hast die Gabe genauer Beobachtung, meine Geliebte.”
“Und wozu?”
“Er gehört zu einer Wohnung, die vielleicht was für uns sein könnte …”
“Und seit wann trägst du den mit dir rum?”
“Lass mich mal nachdenken – seit etwa einer Woche vielleicht.”
“Ekel!”
“Wie bitte?”
“Du bist ein ausgemachtes Ekel!”

– Surendra Sparsh ( © 2008 )

365 Wörter

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