Auszeit

“Was ist so schlimm, wenn ich mir von dir das wünsche, was sich in Jahrtausenden menschlichen Überlebens bewährt hat?”
Sie schenkte mir diesen fragenden Blick – mit leicht gehobener rechter Augenbraue –, den ich in den siebzehn Tagen unserer Bekanntschaft lieben gelernt hatte.
“Das ist nichts Schlimmes – an sich,” antwortete sie schließlich zögernd, “außer dass ich, auch wenn ich dich sehr mag – zu meiner eigenen Überraschung –, nicht sagen könnte, dass ich dich kenne – jedenfalls nicht genug, während du anscheinend schon unsere ungeborenen Kinder in meinen Augen siehst.”
“Ich schäme mich dessen nicht, was ich gesagt habe, Séraphine. Und ja, ich sehe sie klar vor mir: ein Mädchen namens Amanda und einen Jungen namens Akash.”
Dies war der Augenblick, in dem sie aufstand und mich im hellen Sonnenschein jenes Sonntagnachmittags an den Ufern der Seine verließ.
Erst Jahre später sah ich sie wieder, als wir uns ausgerechnet in Bangkok zufällig über den Weg liefen.
Die zweijährige Amanda und ich kamen sie besuchen, als sie Akash nach einer fast mühelosen Geburt in den Armen hielt. Sie sagte, “Ich weiß immer noch nicht, wie du dazu kamst, das in Paris alles vorauszusehen – so eine Frechheit! – aber wir könnten ja seinen Namen immer noch ändern, oder?”

– James Steerforth (© 2020)

(200 Wörter)

Aus dem Englischen übersetzt von Johannes Beilharz. Das Original mit dem Titel Hiatus wurde in Six Sentences veröffentlicht.

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