Der Schiffskoch, ein Gefangener, erzählt

Nach wochenlangem drückendem Liegen im Hafen von Al-Jazair lief unsere Galeere im Verband mit weiteren Schiffen vor etlichen Tagen mit Endkurs auf Stambul aus, beladen mit etwas Ware, aber auch mit weiterem Laderaum für die üblichen räuberischen Absichten unseres berühmt-berüchtigten Flotillenchefs Cheireddin Barbarossa.
Endlich etwas Meeresbrise, auch wenn ich, als Koch im Schiffsbauch, von ihr fast gar nichts mitbekomme.
Am siebten Tag Aufregung – Sichtung eines venezianischen Verbandes. Dem Anschein nach Frachtschiffe, also Angriffsbefehl.
Aber da tauchen im Schatten der Frachter tückisch und schnell Kriegsgaleeren auf.
Mein türkisches Gefängnis wird von meinen eigenen Landsleuten in Brand geschossen.
Ach Venedig: Heimat, Freiheit!

– Johannes Beilharz (© 2005)

(100 Wörter)

Bemerkung des Autors
Diese Geschichte wurde ausgelöst von dem Gedicht Der Schiffskoch, ein Gefangener, singt von Hugo von Hofmannsthal (1874-1929).
Cheireddin Barbarossa ist eine historische Gestalt.

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