Meine Nacht mit Audrey

“Wir sind alle älter geworden“, flüsterte sie mir ins Ohr.
Ich drehte den Kopf zu ihr hin. Sie sah mich mit diesem sonnig-heiteren Blick an, den man aus ihren Filmen kennt.
“Das passiert selbst den Besten”, sagte ich.
“Es fällt mir immer schwerer, mich zu erinnern”, sagte sie.
Darauf hatte ich nichts zu erwidern, doch das war auch nicht nötig, denn sie fuhr fort, “Kaum zu glauben – ich kann mich nicht einmal an den Namen meiner Katze erinnern.”
“Diese Katze hatte nie einen Namen. Das hast du selbst in Frühstück bei Tiffany gesagt.”
Ein verwunderter Blick aus diesen glänzenden Augen, dann ein Seufzer.
“Das stimmt natürlich. Aber selbst das hatte ich vergessen.”
Das war das Ausmaß meiner Nacht mit Audrey – zumindest das, woran ich mich erinnerte, als ich am Morgen aufwachte. Ich drehte meinen Kopf zu der Stelle, an der ihr Porträt an der Wand hing – leicht schief, ewig jung.

– Johannes Beilharz (© 2022)

(150 Wörter, Übersetzung aus dem Englischen von Johannes Beilharz)

Anmerkung des Autors
Dieses kleine Fantasiestück basiert auf dem Porträt der Schauspielerin Audrey Hepburn, das in meinem B&B-Zimmer hing und das ich am Morgen nach dem Traum fotografierte. In Frühstück bei Tiffany (1961) spielte Audrey Hepburn eine Frau namens Holly Golightly, die eine Katze hatte, deren Namen nur “Katze” lautete. Diese Katze wurde von dem Katzenstar Orangey gespielt.

Ein Gedanke zu „Meine Nacht mit Audrey

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